AGHPT: Stellungnahme zu den Vorschlägen der Bund-Länder-AG der BPtK

Stellungnahme der „Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie“ (AGHPT) zu den Vorschlägen der Bund-Länder-AG der BPtK

Berlin, den 31.3.16

Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchten wir eine Vorbemerkung machen. Die AGHPT und ihre VertreterInnen haben sich bereits mehrfach in den verschiedenen Anhörungen des Vorstandes der BPtK zur Ausbildungsreform und auch in einer schriftlichen Stellungnahme geäußert. Wir waren auch an dem Positionspapier der 12 Berufs- und Fachverbände „ Mindestvoraussetzungen für die Umsetzung der Forderungen des 25. Deutschen Psychotherapeutentages

zur Reform der Psychotherapeutenausbildung“ (AGHPT, AVM, AVP, bkj, bvvp, DFT, DGPT, DGST, DGVT, GwG, SG) aktiv beteiligt. Wir sehen in ihm auch weiterhin eine wesentliche Grundlage für unsere Positionen zur Transition.

In diesem Papier heißt es u.a.: „Die Umsetzung dieser Reform erfordert zur Sicherung der hohen Qualifikation des psychotherapeutischen Heilberufs folgende Kernpunkte:

(1) Ausreichende Praxisanteile im Hochschulstudium der Psychotherapie, einschließlich einer gesicherten Finanzierung der Anleitung durch fachkundige Lehrkräfte.

(2) Gesicherte Finanzierung der ambulanten Weiterbildung und der an der Weiterbildung beteiligten Einrichtungen.“

I.)            Zu den drei Papieren der Bund-Länder-AG Transition der BPtK nehmen wir folgendermaßen Stellung:

 

a)            Novelle des PsychThG

–       Berufsausübung, Legaldefinitionen“ (S.4)

Die AGHPT begrüßt den Vorschlag die Legaldefinition zu verändern und die psychotherapeutische Tätigkeit nicht mehr an „wissenschaftlich anerkannte Verfahren“ zu binden. Auch die Begründung wird im wesentlichen unterstützt, insbesondere der Satz: „ Der Anwendungsbereich der Psychotherapie soll vielmehr offen sein für die Breite des psychotherapeutischen Berufs und die Dynamik wissenschaftlicher Weiterentwicklungen.“  Sowohl im stationären als auch im komplementären Bereich von Psychotherapie werden seit Jahrzehnten erfolgreich Nicht-Richtlinienverfahren, insbesondere aus der Humanistischen Psychotherapie, angewandt. Dieser Praxis, als auch der Möglichkeit einer zeitnahen Anwendung von wissenschaftlichen Weiterentwicklung der Psychotherapie, wird mit der Veränderung der Legaldefinition Rechnung getragen. Zudem erfolgt eine längst überfällige Gleichstellung mit den ärztlichen PsychotherapeutInnen, die auch bisher nicht an den engen Rahmen der Richtlinientherapie gebunden waren wie im Gegensatz zu den Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen.

–       Wissenschaftlicher Beirat

Der WBP hat sich nach Ansicht der AGHPT sowohl von seiner Aufgabenbestimmung als auch auf Grund seiner Besetzung nicht bewährt. Laut PsychThG hat er nur eine beratende Funktion, doch mittlerweile hat er sich, auch durch Unterstützung des Vorstandes der BPtK zu dem Anerkennungsgremium von Psychotherapieverfahren,  -methoden und –techniken etabliert. Seine 12 Mitglieder und seine Stellvertreter werden nicht gewählt, sondern von den Vorständen der BPtK und der Bundesärztekammer berufen. Auf Grund dieser Berufungspraxis ist er aktuell im Wesentlichen nur aus VertreterInnen der Richtlinientherapie besetzt.

Als Alternative zum WBP sieht die AGHPT ein demokratisch gewähltes Gremium, z.B. von der Delegiertenversammlung der BPtK, in dem mindestens VertreterInnen aller vier Grundorientierungen vertreten sein sollten.

–  b) Details einer Approbationsordnung

Die  AGHPT stellt fest, dass die notwendigen Finanzierungsfragen, um ein „Approbationsstudium“ durchführen zu können, nach wie vor vollständig ungeklärt sind. Dies ist aber notwendig, um eine Ausbildungsreform realisieren zu können, die tatsächlich eine qualitative Verbesserung gegenüber der bisherigen postgradualen Ausbildung darstellt.

–       Länge des Studiums:

Wie sprechen uns für ein sechsjähriges anstatt eines fünfjährigen Studiums aus. Ein fünfjähriges Studium erscheint zu kurz, um die Anforderungen eines Studiums, das zur Approbation qualifizieren soll, zu gewährleisten. Es muss von Beginn an ein ausreichendes Maß an psychotherapeutischer Praxiserfahrung beinhalten, dafür bedarf es eines entsprechenden zeitlichen Rahmens.

 

–       Zeitlicher Rahmen für die Vermittlung der vier Grundorientierungen mit   

Strukturqualität

Die AGHPT spricht für die Festlegung eines Zeitrahmes aus, um zu gewährleisten, dass angemessene Grundkenntnisse in den Grundorientierungen der Psychotherapie vermittelt werden und der Beschluss des 25.DPT nicht verwässert wird. Der Zeitrahmen für die Vermittlung der vier Grundorientierungen (verhaltenstherapeutisch, psychodynamisch, systemisch, humanistisch) sollte insgesamt mindestens 40 ECTS umfassen.

–       „Die weitere Ausgestaltung des Studiums obliegt den Hochschulen“

Wir sehen in diesem Satz die Gefahr, dass die Hochschulen zuviel Macht und Autonomie bekommen, die Inhalte des Studiums und die zeitliche Festlegung von inhaltlichen Studienelementen eigenständig und damit unkontrolliert festzulegen. Deshalb treten wir dafür ein, in der Approbationsordnung entsprechende Vorgaben festgelegt werden.

–     „Die Hochschulen verfügen über Hochschulambulanzen, die für die Versorgung in mindestens zwei wissenschaftlich anerkannten Verfahren mit den jeweiligen Altersschwerpunkten und dem entsprechenden Personal (Fachkunde, Klinische Erfahrung) ausgestattet sind.“ (S.3)

Dieser Vorschlag weicht vom Beschluss des 25. DPT ab, der die gleichberechtigte Behandlung der vier Grundorientierungen impliziert. Von daher müssen die Hochschulambulanzen Psychotherapieverfahren der vier Grundorientierungen mit den jeweiligen Altersschwerpunkten und dem entsprechenden Personal (Fachkunde, Klinische Erfahrung) vorhalten.

Wie bereits in verschiedenen anderen Papieren, Stellungnahmen und Redebeträgen von VertreterInnen der AGHPT auf den DVn der BPtK, Herarings u.a. ausgeführt, sollen die Begriffe „wissenschaftlich anerkannte“ und „ wissenschaftlich begründete“ Verfahren zugunsten dem Begriff „wissenschaftliche Verfahren“ ersetzt werden. Dieser Begriff würde auch der Argumentation, die für eine Veränderung der Legaldefinition angeführt wurde, entsprechen.

        –  Dauer des Masterstudiums

Im Unterschied zu dem Papier der Bund-Länder-AG (2 J.) sind wir für eine dreijährige Masterphase, um vor allem eine ausreichend praktische psychotherapeutische Qualifikation gewährleisten zu können.

 

–       Praktischer Teil des Studiums

Wir unterstützen den Vorschlag, dass bereits in der BA-Phase ein Praktikum absolviert werden soll. Die AGHPT vertritt die Position, dass mit dem praktischen Teil des Studiums in der BA-Phase begonnen und über das Praktikum hinausgehen soll. Als eine wichtige Möglichkeit werden dabei Fallseminare gesehen.

Die Festlegung eines zeitlichen Rahmens  für die angeleitete Fallarbeit mit mindestens 120 Stunden für mindestens 4 PatientInnen, 2 Erwachsene- und 2 aus dem Kinder- und Jugendlichenbereich, unter Supervision eines Psychologischen Psychotherapeuten bzw. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erscheint uns notwendig.

–       Selbstreflexion

In dem Papier der Bund-Länder-AG  wird von „Selbstreflexion“ gesprochen, während sich die AGHPT für den Begriff  „Selbsterfahrung“ ausspricht. Die Selbsterfahrung wird als wesentlicher Bestandteil der psychotherapeutischen Qualifikation angesehen. Wir treten für eine Selbsterfahrung im Umfang von mind. 50 Std. im Studium ein.

In Rahmen dieser 50 Std. Selbsterfahrung soll auch ein Wechsel zwischen Selbsterfahrungsleitern verschiedener Grundorientierungen für die StudentInnen möglich sein.

–       Verhältnis Hochschulen zu Weiterbildungsstätten

Die AGHPT ist der Auffassung, dass eine Kooperation zwischen Hochschulen und Weiterbildungsstätten, insbesondere im Rahmen der Selbsterfahrung und im praktischen Teil des Studiums, verbindlich festgelegt werden muss. Die Hochschulen sollen verbindlich verpflichtet werden, den großen Erfahrungsvorsprung der bisherigen Ausbildungs- und zukünftigen Weiterbildungsstätten für diese Bereiche der Ausbildung zu nutzen.

c.)  Eckpunkte der Weiterbildung

Bei den bisherigen Vorschlägen der Bund-Länder-AG sehen wir generell die große Gefahr gesehen, dass die Psychotherapie zunehmend institutionalisiert werden soll und die bisherigen Einzel-, Gemeinschaftspraxen und Praxengemeinschaften Gefahr laufen, abgeschafft zu werden. Die AGHPT wendet sich gegen diese Tendenz und hält die Angebote der Einzel-, Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften auch in Zukunft für unverzichtbar für die psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung. Die AGHPT  kritisiert, dass keine konkreten Vorstellungen über die Finanzierung der Weiterbildung, insbesondere über Alternativen zu § 117, angestellt werden, stattdessen heißt es: „ Die Weiterbildungsstätten gewährleisten eine angemessene Vergütung.“ (S.15)

Doch wie dies realisiert und gewährleistet werden soll, bleibt vollkommen offen.

–     Beschränkung der Weiterbildung auf „wissenschaftlich anerkannte Verfahren“ (im Papier der Bund-Länder-AG)

Dagegen spricht sich die AGHPT entschieden aus, denn diese Festlegung würde bedeuten, dass in Humanistischer Psychotherapie mit ihren Methoden: Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie, Körperpsychotherapie, Psychodrama, Transaktionsanalyse, Existenzanalyse und Logotherapie  nicht weitergebildet werden könnte.

Diese Beschränkung steht  z.B. im Widerspruch zu § 2 (2) der verabschiedeten Berliner Weiterbildungsordnung nach der auch in „wissenschaftlich begründeten Verfahren“  (vgl. Anlage 1 der FBO) weitergebildet werden kann.

Der Begriff „wissenschaftlich anerkannte Verfahren“, der den wissenschaftlichen Nachvollzug der internationalen und nationalen Anerkanntheit von Psychotherapieverfahren durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) nahelegt, soll durch den offeneren und neutraleren Begriff „wissenschaftliche Verfahren“ ersetzt werden.

–       Weiterbildung aus einer Hand durch die Weiterbildungsstätten

Für diese Forderung setzt sich die AGHPT zusammen mit weiteren 11 Fach- und Berufsverbänden ein.

Es wird die Gefahr gesehen, dass die Weiterbildung vor allem in den Kliniken unter Leitung des jeweiligen Chefarztes erfolgen wird, weil gegenwärtig nur die Kliniken in der Lage sind, die Weiterzubildenden als Weiterbildungsassistenten auch zu bezahlen. Dann hätte eine außerklinische Weiterbildungsstätte keine Chance die Weiterbildung inhaltlich und organisatorisch zu leiten. Stattdessen könnten sich Weiterbildungsstätten in den Kliniken bilden, bei denen dann Chefärzte bzw. andere Ärzte die Oberhoheit über die Weiterbildung von Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und Jugendlichenpsycho-therapeutInnen hätten, was berufspolitisch abzulehnen wäre. Die bisherigen Ausbildungs- und späteren Weiterbildungsstätten wären demnach an den Rand gedrängt und hätten keinen oder nur noch marginalen Einfluss auf die Weiterbildung.

–       Anforderungen zu der Verfahrensvertiefung

Nach den Vorstellungen der Bund-Länder-AG soll auf einer Basisweiterbildung von 200 Std. eine Verfahrensvertiefung aufsetzen. Sie soll 400 Std. Theorie, 1.600 Behandlungsstunden mit 200 Stunden Supervision, 120 Stunden Selbsterfahrung umfassen.

Die AGHPT  geht von deutlich niedrigeren Zahlen aus, nämlich 300 Stunden Theorie,  mind. 600 Behandlungsstunden mit 125 Stunden Supervision, 120 Stunden Selbsterfahrung.

Wir haben uns dabei im Wesentlichen an den Anforderungen zur Fachkunde in der jetzigen Ausbildung orientiert und die bereits geleisteten neuen Qualifikationsanforderungen im Approbationsstudium berücksichtigt.

Vor allem der Vorschlag der Bund-Länder-AG von 1600 Behandlungsstunden ist aus unserer Sicht in Anbetracht der bisherigen 600 Std. deutlich zu hoch. Die Idee hinter der Vorstellung von 1600 Behandlungsstunden scheint zu sein, dass die Weiterzubildenden durch diese hohe Zahl an Behandlungsstunden ihr Gehalt weitgehend selbst erwirtschaften sollen. Hieran wird erneut deutlich, dass die Finanzierung der Weiterbildung eine zentrale und vollkommen ungelöste Problematik ist.

Die AGHPT unterstützt natürlich die Forderung der PiA nach einer angemessenen Vergütung ihrer Tätigkeit, doch dafür müssen die entsprechenden Finanzierungs-möglichkeiten rechtssicher und verlässlich geschaffen werden.

Für die Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie (AGHPT):
Dr. Dipl.-Psych. Manfred Thielen (1. Vorsitzender der AGHPT)