Stellungnahme des AGHPT-Vorstandes zu den Eckpunkten des BMG zur Direktausbildung

Stellungnahme des Vorstandes der AGHPT zu den Eckpunkten des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)

In der Präambel der Eckpunkte des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wird sich auf den Beschluss des 25. DPT für die Direktausbildung bezogen. Da der Beschluss eine große Bedeutung für die Profession hat, soll er auszugsweise zitiert werden:

„Im wissenschaftlichen Hochschulstudium (Qualifizierungsphase I bis einschließlich Masterniveau) erstreckt sich die Qualifizierung über die gesamte Altersspanne (Kinder, Jugendliche und Erwachsene). In dieser Phase sind die vier Grundorientierungen der Psychotherapie (verhaltenstherapeutisch, psychodynamisch, systemisch und humanistisch) mit Strukturqualität zu vermitteln.“

Die Bezeichnung „Grundorientierung“ ist nicht identisch mit der Bezeichnung „wissenschaftlich anerkannten Verfahren“, am Beispiel der humanistischen Grundorientierung kann dies verdeutlicht werden.  Sie besteht aus verschiedenen Richtungen und zwar der Gesprächspsychotherapie/ Personzentrierte Psychotherapie, der Gestalttherapie, der Körperpsychotherapie, dem Psychodrama, der Transaktionsanalyse und der Existenzanalyse/Logotherapie.  Der Begriff „Grundorientierung“ ist weiter und umfassender zu verstehen als der Begriff „Verfahren“.

In den Eckpunkten hingegen wird sich nicht auf die bewusst gewählte Bezeichnung „Grundorientierung“ bezogen, sondern es wird von „ wissenschaftlich anerkannten Verfahren“ gesprochen. Es wird leider nicht ausgeführt, wie dieser Begriff definiert bzw. auf welche Definition sich bezogen wird.  Vermutlich sind damit aber die Richtlinienverfahren und Verfahren gemeint, die vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) anerkannt wurden, das sind z.Z.:  die Gesprächspsychotherapie (GPT) und die Systemische Therapie (ST).

Wenn dem so sein sollte, dann hätte das zur Konsequenz, dass die Humanistische Psychotherapie bis auf die Gesprächspsychotherapie von der Lehre im Direktstudium ausgeschlossen bliebe, was für die AGHPT unakzeptabel ist. Die Freiheit von Lehre und Forschung und die von der Profession gewünschte Vielfalt und Breite in den psychotherapeutischen Grundorientierungen und Verfahren und ihre innovativen Weiterentwicklungen würden damit in problematischer Weise eingeschränkt.

 

Legaldefinition

Der Beschluss zu den vier Grundorientierungen steht auch in Verbindung mit der Veränderung der Legaldefinition von Psychotherapie, wie sie von der Bund-Länder-AG Transition der BPtK vorgeschlagen wird. Es wird die Aufhebung der Bindung der psychotherapeutischen Tätigkeit an „wissenschaftlich anerkannte Verfahren“ und folgende Öffnung vorgeschlagen: „Psychotherapie soll… offen sein für die Breite des psychotherapeutischen Berufs und die Dynamik wissenschaftlicher Weiterentwicklungen.“ (1).

Leider wird in den Eckpunkten nicht auf die Frage der Legaldefinition eingegangen, ohne dass hierfür Gründe angeführt werden. Die AGHPT hingegen unterstützt nachdrücklich die vorgeschlagene Öffnung der Legaldefinition.

Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie (WBP)

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in den Eckpunkten zur Novellierung des PsychThG der Bund-Länder-AG Tranistion benannt wird, betrifft die zukünftige Rolle des Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP).  Er hat nach § 11 lediglich eine beratende Funktion für die jeweilige Landesbehörde, doch durch seine Spruchpraxis und vor allem die Unterstützung der Vorstände der BPtK und der BÄK hat er sich zu einem wissenschaftliches Anerkennungsorgan entwickelt.

Die AGHPT schätzt sowohl seine Funktion als auch seine Zusammensetzung kritisch ein. Der WBP beseht aus 12 HauptvertreterInnen und 12 StellvertreterInnen. Alle HauptvertreterInnen kommen aus dem Spektrum der Richtlinienpsychotherapie – Verhaltenstherapie, Psychodynamische Therapie – bei den StellvertreterInnen gibt es lediglich 2 VertreterInnen, die aus der Systemischen Therapie kommen. Es gibt keinen VertreterIn der Humanistischen Psychotherapie im WBP.

Seit mittlerweile 4 Jahren wird der Antrag der AGHPT auf Nachvollzug der wissenschaftlichen Anerkanntheit der Humanistischen Psychotherapie, die international unbestritten ist,  geprüft, ohne das ein Ende abzusehen ist.

Wir sind der Meinung, dass der WBP durch ein neues Gremium ersetzt werden sollte, in dem alle vier Grundorientierungen vertreten sind und das demokratisch gewählt wird.

Praxisorientierung

Zu begrüßen an den Eckpunkten des BMG ist  die starke Praxisorientierung während des gesamten Studiums, die auch von der AGHPT und weiteren Verbänden (2) gefordert wird. Allerdings bleibt unklar, warum die Idee der Bund-Länder-AG eines Praxissemesters, nach Abschluss der Masterphase,  nicht aufgegriffen wurde.

Ungeklärte Fragen

–          Die Frage, wie das Direktstudium finanziert werden soll, bleibt leider vollkommen unbeantwortet. Das BMG geht in seinen Eckpunkten von zusätzlichen Kosten für ein 5 jähriges Studium von 17.633.000 € bei einer Studienkohorte von 2300 aus.

–          Die Anzahl der Studienplätze wird mit 2300 pro Jahr angesetzt, das scheint deutlich zu niedrig zu sein.

–          Wie soll die Bezahlung der StudentInnen in der Berufsqualifizierenden Tätigkeiten aussehen, nach den Eckpunkten des BMG haben sie lediglich die Möglichkeit, Bafög zu beziehen?

–          Es wird eine neue Berufsgruppe geschaffen, die über eine vollständige Approbation verfügt und eigenständig behandeln kann, für die es aber noch kein Berufsbild gibt. Auch die Berufsperspektive von den Absolventen der BA- und Masterstudiengänge ist ungeklärt.

–          Die geplante Approbation würde gegenüber der bisherigen eine Absenkung des Qualifikationsniveaus bedeuten, da sie aktuell die Fachkunde voraussetzt. Überlegenswert  ist es unseres Erachtens, zur Verbesserung des psychotherapeutischen Qualitätsniveaus im Studium, das es mindestens 6 Jahre dauern soll.

–          Übergangs- und Quereinstiegsregelungen, die die Bund-Länder-AG vorsieht, fehlen leider in den Eckpunkten des BMG.

–          Das Verhältnis von Qualifizierung für eine psychotherapeutische Tätigkeit mit Erwachsenen und für eine psychotherapeutische Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen ist nicht befriedigend  geplant.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Praxisorientierung des Direktstudiums in den  Eckpunkten des BMG von der Tendenz her positiv gesehen wird. Aber an dem aus unserer Sicht zentralen Punkt,  der notwendigen Vermittlung der vier Grundorientierungen, ignorieren sie allerdings das Votum des 25. DPT. Für die AGHPT ist  das aber die Scheidelinie zwischen Zustimmung oder Ablehnung der Reformpläne des BMG für das Direktstudium.

Fußnoten:

(1)  Bund-Länder- AG:Novelle des PsychThG, S.3

(2) Mindestvoraussetzungen für die Umsetzung der Forderungen des 25. DPT zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Gemeinsame Erklärung von AGHPT, AVM, AVP, BKJ, BVVP, DFT, DGVT, DGPT, DGSF, GwG, SG, VPP.

Für den Vorstand der AGHPT

Manfred Thielen