Jürgen Kriz14.11.2019 Universität Zürich

Prof. em. Dr. Jürgen Kriz ist mit dem Egnér-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden.

Der Wissenschaftspreis der Dr. Margrit Egnér-Stiftung für besondere Leistungen im Bereich der anthropologischen und humanistischen Psychologie ist einer der höchst dotierten Wissenschaftspreise der Schweiz.

Die Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie (AGHPT) gratuliert zu dieser besonderen Würdigung. Als Wissenschaftlicher Beirat der AGHPT und der GwG hat Prof. Dr. Jürgen Kriz richtungsweisende  Beiträge zur Humanistischen Psychotherapie verfasst. Siehe u.a. Anträge an den WBP


In Deutschland wird seit vielen Jahren die Humanistische Psychotherapie aus den Richtlinienverfahren durch fragwürdige Gutachten und mangelnde Einwirkungen durch die Regierung ausgegrenzt. Die international anerkannte Humanistische Psychotherapie ist maßgeblich durch Prof. Dr. Jürgen Kriz mitgeprägt und er erhält mit der Preisverleihung eine würdige Anerkennung in der Schweiz.
Zitat aus der Laudatio: „Der Sieg in Deutschland ist noch nicht errungen. Aber aus der Schweiz ist Gutes zu berichten. Die personzentrierte Psychotherapie ist bei uns seit vielen Jahrzehnten etabliert und genießt hohe Wertschätzung und Anerkennung. So dürfen Sie den Egnér-Preis auch als Ehrendiplom für nimmermüden, lebenslangen Einsatz um die humanistischen, die vielleicht die humansten Richtungen der Psychotherapie sind, betrachten.“ Hier Laudatio herunterladen

«Wo bleibt die Verantwortung des Menschen in einer von Messdaten beherrschten Lebenswelt?»

Unter diesem Titel des Vortrages von Jürgen Kriz wurden die wesentlichen Infragestellungen von Forschungsmethoden dargestellt und unhinterfragte wissenschaftliche Publikationen (z.B. Gutachten WBP) hinterfragt.  Zitate aus dem Vortrag:
„…Wenn ich mich von dem mystischen Glauben an objektive und per se „richtige“ Methoden verabschiede, wenn ich mir deren Modellcharakter bewusst mache und damit deren Repräsentanz von inhaltlichen Entscheidungen, muss ich zwangsläufig VERANTWORTUNG für meine Wahl der Methodik übernehmen…ab hier dann unter weiterlesen
……Die Verantwortlichkeit des Menschen auch beim Wissen-Schaffen erfordert somit die Berücksichtigung von Wissenschaftskritik – eine Kritik, welche immer wieder hinterfragt, welche impliziten Motive und Kräfte bei der Konstitution der vermeintlichen „Fakten“ im sozialen Prozess Wissenschaft wirken und was verantwortliches Umgehen mit den Forschungsressourcen bedeuten könnte. Dies schließt die Frage mit ein, welches überhaupt die relevanten Fragen sind auf die versucht wird, Antworten zu geben – und nach welchen Kriterien dies beurteilt werden kann…….
Wenn wir nun in Bezug auf die Psychotherapiewissenschaft und ihre Grundpfeiler Psychologie und Medizin analog zu Heisenberg nach dem Bild unserer Beziehung zum Menschen fragen …aufgrund welcher Prinzipien der „Dialog mit unserem Forschungsgegenstand“ gestaltet wird – so ist von diesen methodologischen Erkenntnissen des letzten Jahrhunderts im Mainstream wenig zu spüren. Man beruft sich zwar in der Psychologie gern auf vermeintlich „naturwissenschaftlich fundierte“ Methodik. Konkret beharrt man aber auf Prinzipien, welche den Höhepunkt des mechanistischen Weltbildes des 19. Jahrhunderts kennzeichnen. Dabei müssten doch gerade Psychotherapie und Medizin in ihren Wissenschaftsbildern die Beziehung zum Menschen (zumindest: auch) als Subjekt reflektieren…

…Menschliche Lebenswelten sind keineswegs die hyperkomplexen „objektiven“ Reizwelten, so wie sie Naturwissenschaftler beschreiben würden. Sondern sie sind stets sinnhaft und bedeutungsvoll geordnet. Menschliche Lebenswelten sind daher auch nur unzureichend allein durch „objektive“ Kategorien fachlicher Beschreibungen erfassbar, die grundsätzlich von der unmittelbaren Erfahrung abstrahiert sind. Vielmehr gilt es, auch die subjektiven („inneren“) Lebenswelten der Beteiligten zu berücksichtigen, in denen andere Aspekte von Bedeutung sind, als in den fachlichen objektiven („äußeren“) Beschreibungen….

….Diese Einsicht aber spiegelt sich kaum in der Art von Forschung wieder, wie sie derzeit vom Mainstream als „evidenzbasiert“ propagiert wird. Und noch weniger in den Bewertungen, mit denen angeblich unwirksame von angeblich wirksamen Psychotherapie-verfahren selegiert werden….

…Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen müssten wir, z.B. im Studium, die Menschen dazu anhalten, vermeintliche „Fakten“ nicht einfach hinzunehmen, sondern die Bedingungen ihrer Erforschung zu reflektieren und vor allem durch Wissenschaftskritik auf die Kontextualität aller Befunde hinzuweisen. Doch dafür sind Multiple-Choice-Prüfungen aufgrund überlasteter Studiengänge ungeeignet. Die Gratifikationen und Wertschätzung für unkritische Produktion und Reproduktion von „Fakten“ scheint vielen deutlich höher zu sein als für kritische Reflexion.

Damit bleibt mir nur, denn Appell an Sie zu richten, in Ihren Bereichen mit dafür zu sorgen, dass mehr Verantwortung für wissenschaftliches und gesellschaftliches Handeln übernommen und diese nicht auf eine angebliche „Objektivität“ von Messdaten und Methoden abgeschoben wird….

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Zusammen mit Prof. Kriz wurde der Egnér-Preis 2019 an die beiden Mediziner Prof. Dr. med. et phil. Gerhard Danzer (Charité Berlin) und Prof. Dr. med. Horst Haltenhof (MHH Hannover/Klinikum Plauen) verliehen.