Aktuelles

Prof. Dr. Jürgen Kriz zum 80. Geburtstag

Lieber Jürgen,
während Du auf Reisen mit Deiner Frau Gila warst, hast Du am 5. Dezember 2024 Deinen 80. Geburtstag gefeiert. Jetzt bist Du wieder da.

Aber übertragen gesehen: warst Du eigentlich jemals weg? Man hätte ja annehmen können, dass nach der Emeritierung vor 15 Jahren oder zumindest mit 70 Jahren du Deine kreative Energie dann anderen Bereichen zuwenden würde. Anscheinend ist eher ein Energieschub zu verzeichnen. Auch Dein Enkel findet seit einiger Zeit einen lebendigen Platz in Deinem Leben und das tägliche Ausbalancieren zwischen „Subjekt und Lebenswelt“ berührt eben auch das Mittragen dieser Ausbalancierung durch Deine Frau Gila. Ihr sei hier ausdrücklich gedankt.
Deine Wirkungslust und Vielfalt in den Feldern der Humanistischen Psychotherapie und der personzentrierten Systemtheorie ist ein fast „unheimlicher Schatz“ in dieser Welt, die aktualisiert geprägt ist von Gewalt und Inkongruenz der Systeme und Menschen. Du hast mit Deinem Forscherdasein, mit Deinem sozialpolitischem und Deinem verbandspolitischem Engagiert sein stets die Würde der Menschen respektiert und dennoch Sach-argumente kritisch und konfrontativ fundiert ausgetragen. Beispiel hierfür ist u.a. der Weckruf (zusammen mit Prof. Dr. Dr. Michael B. Buchholz), der nochmal den Fokus setzt auf Unredlichkeit der Debatten bis zu einseitiger Wissen-schaftsauslegung. Du setzt Perspektiven für die Zukunft der Humanistischer Psychotherapie im Deutschen System.
Mit dem Werk (2022) „Humanistische Psychotherapie. Grundlagen – Richtungen – Evidenz“ ist wegweisen für die Zukunft. Und Deine Publikationsliste ist unsagbar.

Die vielen Preise (z.B. 2020 das Bundesverdienstkreuz (Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland)), die Dir verleihen wurden, sind Ausdruck Deiner Werke und aber aus ganz persönlichem Wissen: Verbunden mit Deiner Persönlichkeit!

Als Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie e.V. (AGHPT e.V.) sind wir dankbar für Deine Solidarität, für Einen Einsatz (z.B. für die Expertise zur Beantragung der HPT als Wissenschaftliches Verfahren. Deine seit 2012 neu erschienen Stellungnahmen und Werke sind hier unaufzählbar. Wer mag findet einiges davon hier.
Eigentlich könntest Du mit Stolz und Zufriedenheit auf Deine Werke und Deine hinterlassenen Spuren bei den Menschen und Systemen zurückschauen.
Aber das passt nicht zu Dir und Deiner Wirkungslust.
Und wir freuen uns auf Dich und Deine Wirkkraft auch in Zukunft.

Herzlicher Glückwunsch zum 80. Geburtstag

Für den Vorstand der AGHPT
Karl-Heinz Schuldt, Kathrin Schleitzer und Stefan Körber

  – Vielfalt stärkt Entwicklung

Religion und Psychotherapie

Religion und Spiritualität etablieren für den gläubigen Menschen den Bezug auf ein Transzendentes, das die eigene Person und den endlichen Horizont übersteigt. Das ermöglicht ein Gefühl der Verbundenheit mit und Sicherheit für das eigene Sein in der Welt. Demgegenüber rückt die Psychotherapie den Menschen selbst in den Fokus und unterstützt ihn, sich den eigenen Bedürfnissen gegenüber verantwortlich zu fühlen und den Bezug zur Welt bewusst zu gestalten.

Das Webinar lädt dazu ein, diese zwei Perspektiven miteinander zu diskutieren. Ergänzen sie sich? Überlappen sie sich? Oder stehen sie in Konkurrenz miteinander?

Anlass für diese Fragen und unsere Motivation für das Webinar ist die Tatsache, dass viele der Gründer humanistischer Psychotherapien eine spirituelle, wenn nicht sogar tief religiöse Lebenshaltung hatten.

Die Frage nach Spiritualität und Religion in den Ursprüngen der humanistischen Psychotherapien eröffnet damit die Frage, wie wir heute mit Religion und Spiritualität in der Praxis umgehen?

WEBINAR HUMAN-online am Donnerstag, den 20.02.2025, 19.30-21.30

2 Fortbildungspunkte für das Curriculum Humanistische Psychotherapie / Counselor.

Bitte anmelden unter E-Mail: human-online@aghpt.de

Einwahllink für das Webinar: https://us06web.zoom.us/j/83944324520?pwd=7AXQ59pccACbSdu7ZeLlRNAgNrHLHx.1

Referent*innen:

Sebastian Nitzschke: Psychologischer Psychotherapeut, Praxis in Freiburg/Breisgau.
Ausgebildet in tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie, humanistischen Verfahren, Gestalttherapie, personenzentrierter Ansatz nach C. Rogers, Focusing. Neben seiner Tätigkeit als Psychotherapeut hat sich Nitschke über Jahrzehnte intensiv mit dem Thema Spiritualität und der Verbindung von Spiritualität, verschiedenen Religionen und Psychotherapie auseinandergesetzt. Er ist Gründer eines buddhistischen Retreathauses im Schwarzwald und der „Sri Aurobindo Sangha“.



Anna Hellmich: Anna ist evangelische Pfarrerin und Lebensberaterin. Sie ist in Münster geboren und aufgewachsen und studierte in Leipzig, Graz und Berlin Kulturwissenschaften und Theologie. Sieben Jahre lang war sie in Kyritz und in der Westprignitz als Gemeindepfarrerin tätig und arbeitet jetzt in Berlin in der Psychiatrieseelsorge. Ehrenamtlich wirkt sie in der Logotherapeutischen Beratungsstelle in Berlin mit, sowie beim RAZ e.V.

Humanistische Psychotherapie:

beziehungsfokusiert, körperbasiert und integrativ

Bericht von der Fachtagung am 06. und 07. September 2024

Wieder einmal zeigte sich die Sigmund-Freud-Universität in Berlin offen für eine Veranstaltung mit einem zu der eigenen therapeutischen Orientierung differenten therapeutischen Menschenbild und Therapieverständnis. Zur Freude der Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie (AGHPT) waren viele zukünftige Kolleg*innen (Studierende, PiAs) an den grundlegenden Konzepten der Humanistisch-psychologischen Psychotherapie und den Diskussionen mit ältere Kolleg*innen interessiert.Als versierter Kenner und Vertreter der Humanistischen Psychotherapie (HPTh) spannte Jürgen Kriz einen Bogen über „Historisches – Gegenwärtiges – Zukünftiges“. Für viele unbekannt: Die Ursprünge und Grundlagen der HPTh stammen aus dem Deutschland der Vorkriegszeit und kamen über die USA später „zurück“ zu uns. Er wies auf Aspekte des eigenständigen Menschenbildes der HPTh hin mit Folgen für ein Forschungsdesign, dass nämlich menschliches Verhalten nicht wesentlich auf die Kontrolle von Stimulusbedingungen oder Verstärkermechanismen zurückzuführen ist, sondern als (aus der Sicht der handelnden Person) konstruktive und sinnvolle Antwort auf eine Situation gesehen wird. Die Erkundung dieses Sinns und damit der kritischen Reflexion des Verhaltens und der maßgeblichen Emotionen leite u.a. den Therapieprozess. Dort ist weniger Manualtreue gefragt, sondern die kreative Fähigkeit zur Kombination von Methoden und Techniken im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kontext. Die einzelnen Ansätze der HPTh lassen sich so als spezifische Ausdifferenzierung der Grundfrage verstehen: „Wie wird inneres Erleben (einschließlich des Erlebens der äußeren Gegebenheiten) angemessen und kongruent zur Sprache gebracht?“

Die Anforderungen an dafür nötige Kompetenzen standen im Zentrum des zweiten Vortrags. Ernst Diebels referierte über „Allgemeine Wirkgrößen und Schlüsselkompetenzen für erfolgreiche Psychotherapie“. Ein kritischer Blick galt den Schwächen des RCT-Studiendesigns, das zwar gerne als „Doppelblind-Studiendesign“ bezeichnet wird, in Wahrheit aber dieses Etikett nicht verdienen könne. Schließlich wisse – z.B. – jeder Therapeut/jede Therapeutin, welche Art von Behandlung er/sie gerade durchführe – und entsprechend wüssten in der Regel auch Patient*innen, an welcher Maßnahme sie teilnähmen. Sein Credo: Kompetenzen aus der Kenntnis der allgemeinen Wirkfaktoren ableiten, deren Überlegenheit über verfahrensspezifische Faktoren sich in Metaanalysen deutlich erwiesen habe.

Der wissenschaftlichen Forschung widmete sich Otto Glanzer in „Forschungsstrategien für die Humanistische Psychotherapie“. Durch die Bevorzugung bestimmter Forschungsmethoden auf Grund von Interessenslagen sei es in Deutschland zu einer Schieflage in der Forschung gekommen. Auch die Novellierung des Psychotherapeutengesetzes habe durch die Änderung der Legaldefinition von Psychotherapie von „wissenschaftlich anerkannt“ zu „wissenschaftlich anerkannt und geprüft“ die Forschung zu Verfahren außerhalb des deutschen Regelwerkes erschwert: Hiesige Anstrengungen müssten (immer noch) den Kriterien des Methodenpapiers des Wissenschaftlichen Beitrags genügen und ihre Wissenschaftlichkeit belegen, während in anderen Ländern diese Notlage nicht bestehe. Viele in Deutschland nicht „hoffähige“ Verfahren könnten im Ausland ihre Psychotherapieforschung freier auf detailliertere, weiter führende Fragestellungen richten. Ihre Ergebnisse seien dadurch wiederum für Wirksamkeitsnachweise gemäß dem deutschen Kanon nicht verwendbar.

Ein Schlaglicht auf diese „Schieflage“ warf recht konkret Manfred Thielen im Beitrag „Der Körper in der Humanistischen Psychotherapie“ – ist doch die Körperpsychotherapie als eigenständiges Verfahren im europäischen und außereuropäischen Ausland anerkannt. In die Skizzierung der Entwicklungsgeschichte der Körperpsychotherapie – von Wilhelm Reich und Elsa Gindler über Alexander Lowen zu einigen jüngeren Vertreter*innen dieser Orientierung – hat er die Bedeutung des körperlichen Erlebens für jegliche subjektive Erfahrung betont und damit auch ihre Beachtung in der Psychotherapie als unerlässlich hervorgehoben. Ihre Entwicklung stehe von Anfang an in enger Verbindung zu derjenigen der Humanistischen Psychotherapie. Folglich enthalte jede der sechs Vorgehensweisen in der HPTh Elemente und Ansätze zur Einbeziehung des Körpers. Anhand eines Fallbeispiels, bei dem der Fokus auf dem Körper lag, stellt er die Integration der sechs Ansätze dar

Nach zwei Runden mit je zwei Workshops zu den Vortragsthemen bildete eine gemeinsame Diskussion zu einem Fall den inhaltlichen Abschluss der beiden Tage. Es war nicht ganz einfach, in dieser Erörterung eine gemeinsame Zielrichtung zu finden. Erfrischend hat sich ausgewirkt, dass jüngere Kolleg*innen mit ihren Fragen und Hinweisen unerwartete Akzente gesetzt haben. Dies war für die Veranstalter insofern eine Ermunterung, als sich hier zeigte, dass die HPTh jüngere Kolleg*innen bewegen kann und sich damit wieder einmal ein Moment der Ermutigung einstellte.

„Weckruf – gegen die reduktionistische Einseitigkeit der deutschen Psychotherapie“ 

Mitte Oktober 2023 initierten Prof. Dr. Michael B. Buchholz und Prof. Dr. Jürgen Kriz einen „Weckruf“, den Sie an einen größeren Kreis von Professor:innen* im Bereich der Psychotherapie verschickten. Beabsichtigt ist, „damit jene Positionen im Diskurs unterstützt werden, die sich für den (Wieder-)Anschluss der Psychotherapie(forschung) in unserem Lande an die internationalen Standards bezüglich Methodenpluralität, Forschungs-vielfalt und Evidenzbasierung einsetzen.“

Dabei beklagen Sie: „Sinnorientierte (besonders psychodynamische und humanistische) Ansätze, die international eine bedeutende Rolle spielen und von vielen Patienten nachgefragt werden, werden somit in Deutschland marginalisiert und aus Praxis, Lehre und Forschung weitgehend ausgeschlossen.“

Der „Weckruf“ wurde inzwischen von 158 Professor:innen unterzeichnet.

Zudem unterstützen etliche Verbände und Organisationen sowie zahlreich Psychotherapeuten diesen „Weckruf“.

Link zum Weckruf

In der Dezember-Ausgabe vom Ärzteblatt /PP (2023, Seite 534) ist ein kurzer Artikel zum „Weckruf“ erschienen.

  – Vielfalt stärkt Entwicklung

Von November ´23 bis April ´24 bot die AGHPT drei Webinare kostenlos an. Die Themen aktuell:

  • Klimakrise und Klimagefühle in der Humanistischen Psychotherapie.
  • Wie gestaltet sich der Einstieg in neue Berufsfelder nach einer Humanistischen Ausbildung?
  • Migration und Flucht; Herausforderungen und Chancen für die Humanistische Psychotherapie.

Das Format:

  • Zwei Stunden, donnerstags 19.30-21.30 Uhr
  • VertreterInnen mehrerer Humanistischer Methoden gestalten einen konzentrierten Input.
  • Platz und Zeit für interaktive Übungen und Diskussion.

Die Zukunft:

  • Wir wollen dieses Format auch im nächsten Winter (´24/´25) weiterführen.
  • Unser Team braucht Verstärkung!

Melden Sie sich bis zum 01. Juli 2024 unter human-online@aghpt.de

Wir freuen uns auf Sie! Auf Euch!

Die AGHPT ist erfreut, dieses neue Buch von Jürgen Kriz vorzustellen.

Prof. Dr. Jürgen Kriz ist Ehrenmitglied und Wissenschaftlicher Beirat der AGHPT.

Jürgen Kriz: Humanistische Psychotherapie. Grundlagen – Richtungen – Evidenz.

Fachbuch
2022
203 S.
Kohlhammer. ISBN 978-3-17-036563-6

Inhaltsverzeichnis, Vorwort und Leseprobe

Humanistische Psychotherapie umfasst viele bekannte Ansätze wie Gesprächspsychotherapie bzw. Personzentrierte Psychotherapie, Gestalttherapie, Psychodrama, Transaktionsanalyse, Existenzanalyse/Logotherapie und Körperpsychotherapie. Zu jedem Ansatz gibt es zahlreiche Werke. In diesem Buch wird nun erstmals das historisch gewachsene Wurzelgeflecht aus gemeinsamen Konzepten aufgezeigt, die das ganzheitlich-humanistische Menschenbild fundieren. Mit neueren Erkenntnissen verbunden – u.a. aus der Säuglingsforschung, der Biosemiotik und der Systemtheorie – zeichnet der Autor ein konsistentes Gesamtbild der Humanistischen Psychotherapie. Ergänzt wird dies durch eine kurze Darstellung der einzelnen Ansätze sowie einiger Konsequenzen für die wissenschaftliche Diskussion zu ihrer Evidenz.

Persönliche Mitgliedschaft, Partizipationsmöglichkeiten von einzelnen Mitgliedern – so kannst Du Dich einbringen.

Humanistische PsychotherapeutInnen, ob voll ausgebildet oder in Ausbildung, können mitdiskutieren, eigene Ideen einbringen und mit gestalten. Dafür hat die AGHPT die Möglichkeit der Persönlichen Mitgliedschaft geschaffen. Wie kannst du Persönliches Mitglied werden? Was bedeutet das? Am Rande der letzten Mitgliederversammlung tauschten sich Anatoli Pimenidou (Delegierte DFP) und Kathrin Schleitzer (bereits Persönliches Mitglied) darüber aus und lassen Euch hier an ihren Gedanken teilhaben.

Wissenschaftliche Evidenz für einen fälligen Wandel in der Psychotherapieforschung und Politik

Im Februar 2021 hat Bruce E. Wampold, Emeritus der University of Wisconsin, Mitglied der American Psychological Association und Träger zahlreicher Forschungsauszeichnungen, eine beachtenswerte Evaluation des Methodenpapiers des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP) verfasst. Er legt anhand von zahlreichen Metaanalysen mangelnde Evidenz der darin angewandten Kriterien und Verfahren offen, zeigt die Sackgasse der universitären Psychotherapieforschung auf sowie deren negativen Einfluss auf (versorgungs-)politische Entscheidungen.

Norbert Bowe hat dazu im bvvp Magazin (H.3, S 26-27) einen lesenwerten Beitrag verfasst (Der bvvp ist der Dachverband von 16 eigenständigen, auf KV-Ebene arbeitenden Landes- und Regionalverbänden. Mit über 5.500 Mitgliedern ist er der größte berufsgruppenübergreifende Zusammenschluss von ärztlichen, psychologischen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen).

Hier geht’s zum Beitrag  [mit freundl. Genehmigung des Autors und bvvp]